Die soziale und ökologische Verantwortung von Unternehmen
Wie hoch ist das Problembewusstsein für Klimawandel und Umweltschutz in der Öffentlichkeit? Welche Interessen verfolgen Unternehmen im Hinblick auf die Sicherung der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit? Welche Erwartungen haben diesbezüglich der Staat und die Gesellschaft an Unternehmen in Deutschland und Russland? Das waren zentrale Fragen des Abschlusstages der 3. Deutsch-Russischen Gespräche Baden-Baden. Nach Ansicht der meisten Diskussionsteilnehmer ist das Bewusstsein für Klimawandel und Umweltschutz in der Wirtschaft noch verbesserungsfähig, wenngleich Unternehmen aus Kosten-, Marketing- und Selbsterhaltungsgründen bereits immer mehr zum Umwelt- und Ressourcenschutz sowie zur Wahrnehmung sozialer Verantwortung beitragen.
Dr. Martin Frick, ehemaliger Direktor des Global Humanitarian Forum in Genf, sensibilisierte die Anwesenden dafür, Klimawandel als weltweite humanitäre und sicherheitspolitische Bedrohung zu verstehen: „Die Veränderung des Weltklimas zeigt uns beispielhaft, wie wenig adäquat traditionelle nationale Mechanismen sind, um globale Herausforderungen zu lösen.“ CO² sei ein „globales Molekül“, die Folgen des dadurch erzeugten Treibhauseffekts seien überall zu spüren. Frick wies in diesen Zusammenhang auf die Hitzewelle in Russland im Sommer hin, die zu zahlreichen Waldbränden und Ernteausfällen geführt hatte. Der Klimawandel und die damit verbundenen Katastrophen führten zu immer mehr Toten und immer höheren Schadenssummen. „Der Klimawandel ist die größte Bedrohung für den Weltfrieden“, so Frick. Die beste Antwort von Unternehmen darauf sei „wirtschaftliches Denken“. Ökologische Argumente würden mehr und mehr als Marktargumente verstanden. Investitionen in den Klimaschutz zahlten sich aus, da Versicherungspolicen bei zu vermeidenden Umweltschäden weder erhöht noch für die Behebung des Schadens ausgezahlt werden müssten.
Es gehe nicht mehr, dass ein Unternehmen von einem Ort zum anderen weiterzieht, wenn die Ressourcen erschöpft sind. Zudem müsse man stets ein Auge auf die Risiken haben, Risiken, die von Unternehmen geschaffen wurden und für die sie haftbar gemacht werden können. Beispiele dafür seien die Schadensersatzforderungen gegen die Tabakindustrie und den Energiesektor (Öl, Gas und Strom).
Zusammenfassend stellte Frick fest, dass wir uns in einer Zeit des systemischen Wandels befinden „und das ist die Stunde des Unternehmers. Es ist ein guter Moment für kleine Unternehmen, sich am Markt zu positionieren“. Unternehmerische Verantwortung sei soziale Verantwortung und ökologische Verantwortung – denn „es geht um das Kerngeschäft.“
Nachhaltigkeit in Unternehmen – deutsche und russische Erfahrungen im Vergleich
Dr. Winfried Häser, Vice President für Umweltstrategie und -politik der Deutsche Post AG in Bonn stellte klar, dass Globalisierung von seinem Unternehmen stark unterstützt wird. „Sie muss nachhaltig gestaltet werden, damit unser Geschäftsmodell dauerhaft erfolgreich sein kann.“ Die Deutsche Post AG leiste einen positiven Beitrag durch ihre drei Programme Go Green, Go Help, Go Teach. Klimaschutz, unter Go Green zusammengefasst, sei für die Logistikbranche ein zentrales Thema. Zum einen seien Energiekosten ein wirtschaftlicher Erfolgsfaktor, zum anderen seien die Kunden zunehmend umweltbewusst und dafür bereit, höhere Transportkosten beziehungsweise längere Transportzeiten in Kauf zu nehmen. GoHelp ist eine Initiative zur Katastrophenhilfe durch die Nutzung der globalen Präsenz des Unternehmens und seines weltumspannenden Logistiknetzwerks. Gleichzeitig fördere das Programm die Mitarbeitermotivation und ihre Bindung an das Unternehmen. Das Programm Go Teach schließlich befasst sich mit community investment. Lokale Mitarbeiter identifizieren und unterstützen dabei Bildungsinitiativen in den einzelnen Regionen, in denen das Unternehmen tätig ist. So würden „lokale Denkweisen in den Konzern eingebracht und gleichzeitig neue Strategien für die lokale Umsetzung der globalen Projekte entwickelt“.
Anastasija Jäger, Leiterin der Abteilung Marktentwicklung der Wintershall Holding GmbH in Kassel, stellte die deutsch-russischen CSR-Programme ihres Unternehmens in den Vordergrund. Um das gegenseitige Verständnis zu fördern, seien der kulturelle Austausch und die Kulturförderung ein wesentlicher Programmbestandteil. Regionale Partnerschaften und Bildungsinitiativen wie Workshops und Sprachkurse für Kinder und Jugendliche gehörten ebenfalls zum Repertoire.
Als Antwort auf neue Umweltanforderungen und Teil der Marketingstrategie des Unternehmens setzt die Wintershall Holding GmbH auf die Entwicklung und den Verkauf „grüner Produkte“ wie Biogas. Denn „es geht nicht ohne Öl und Gas; es geht darum, wie man damit nachhaltig umgeht.“