Germany, Europe, Russia Aligning for a Green New Deal
Wie ein europäischer Green Deal unter Beteiligung Russlands aussehen könnte, dies war unter anderem Thema der Diskussionen des ersten Tages. Die inhaltlichen Impulse hierzu kamen vom Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe Sascha Müller-Kraenner sowie vom Leiter des Energieprogramms von Greenpeace Russia Wladimir Chuprov.
Müller-Kraenner ging in seinem Vortrag ebenfalls auf die Bundestagswahlen ein. In dem Ergebnis sah er ein klares Votum der Bevölkerung für mehr Umweltschutz. Jetzt müsse die neue Bundesregierung vor allem praktische Herausforderungen angehen, um die Klimaziele zu erreichen. Müller-Kraenner forderte den Ausstieg aus der Kohlenutzung und aus Erdgas, um den CO2-Ausstoß schneller zu reduzieren.
Auf EU-Ebene erwarte er eine aktivere Rolle Deutschlands bei der Ausgestaltung der Klimaziele, diese Anstrengungen seien unter Angela Merkel etwas stagniert. Mit dem EU Green Deal, dem Fit for 55 Paket und dem geplanten Carbon Border Adjustment Mechanism seien geeignete Instrumente vorhanden, die aber noch geschärft werden müssten. Entsprechende Gesetzesvorhaben seien nun auszuarbeiten. Russland könne laut Müller-Kraenner eine konstruktive Rolle bei der europäischen Energietransformation spielen, insbesondere zum Ausbau Erneuerbarer Energien für die eigene Elektrizitätsversorgung sowie für die Produktion von grünem Wasserstoff. Kritisch kommentierte der DUH-Geschäftsführer das Projekt Nord Stream 2.
Wladimir Chuprov ging in seinem Vortrag auf die unterschiedlichen Antreiber der Energietransformation in Deutschland und in Russland ein. So sei die öffentliche Meinung in Deutschland ausschlaggebend gewesen, in Russland würde eher der internationale Druck sowie die mittelfristig sinkende Rolle der fossilen Brennstoffe eine Rolle spielen. In der russischen Gesellschaft werde dagegen eher kein Bedarf gesehen, hier liege man ca. 25 Jahre hinter deutschen Debatten zurück. Es herrsche eine gewisse Skepsis in der Bevölkerung gegenüber Umweltmaßnahmen. Der EU-Green Deal könne nun aber zu einem Kickstart für Diskussionen in Russland führen. Allerdings sei eine Verschiebung von fossilen zu mehr erneuerbaren Energien wegen der niedrigen Tarife in Russland derzeit schwer vorstellbar. Eine Erhöhung der Energiepreise könnte wiederrum zu Unruhen in der Bevölkerung führen. Chuprov bezeichnete den Ausbau der Energieeffizienz in Russland als am leichtesten umsetzbar („Low Hanging Fruits“). Auch das Thema Wasserstoff sei interessant, hier müsse in Russland vor allem eine international anerkannte Zertifizierung eingeführt werden. Beim Wasserstoff spiele in den Überlegungen der russischen Regierung auch der so genannte pinke Wasserstoff eine Rolle, womit unter Nutzung von Nuklearenergie hergestellter Wasserstoff gemeint ist.
Insgesamt stellte Chuprov die These auf, dass der Energiewandel in Russland allein mit Hilfe neuer Technologie nicht machbar sei, ohne gesetzliche Nutzungsbeschränkungen bzw. Preissteigerungen mit Lenkungswirkung werde es nicht gehen. Wie diese sozialgerecht gestaltet werden könnten, dies sei eine der größten Herausforderungen.
In der anschließenden Diskussionsrunde wurde sehr kontrovers über die Ansätze des Energiewandels gesprochen. Konsens bestand bezüglich der Notwendigkeit eines sozialgerechten Ansatzes, insbesondere in Russland. Bei den Technologien wurde vor allem die Rolle der Nuklearenergie im Energiemix sehr skeptisch gesehen.
In der anschließenden Break-Out-Session hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Aufgabe, in Gruppenarbeit gemeinsame Interessen und Strategien für verstärkte deutsch-russische Kooperationen u. a. beim Klimathema herauszuarbeiten.
Während bei den „Gemeinsamen Interessen“ vor allem die Themen Reisefreiheit, Pandemiebekämpfung, Ausbildung und Bildung sowie Klimawandel identifiziert wurden, spielten beim Thema Strategien die bestehenden Konflikte bei geopolitischen Interessen, Sanktionen, Liberalisierung vs. Regulierung und Militärausgaben eine Hauptrolle.
Als Schwerpunkte für eine verstärkte Zusammenarbeit wurden in den Sessions die Themen „einheitliche Standards und Zertifizierungen, Bildung und Bekämpfung der Folgen des Klimawandels identifiziert. Voraussetzung sei vor allem ein vorurteilsfreier Ansatz ohne doppelte Standards.