Das Verhältnis von Staat, Wirtschaft und Bürger
Prof. Dr. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft und einer der bekanntesten Wirtschaftswissenschaftler Deutschlands, präsentierte den Seminarteilnehmern seine Vorstellungen zum richtigen Verhältnis von Staat, Wirtschaft und Bürger und gab damit einen wichtigen Impuls für das einwöchige Seminar.
„Die Staatsschuldenkrise ist das Sichtbarwerden eines nicht tragfähigen Systems“, so Hüther. Die nun verstärkt angegangene Absenkung der Staatsverschuldung insbesondere durch Konsolidierung auf der Ausgabenseite sei dringend notwendig. „Die Staatstätigkeit muss neu justiert werden“, betont Hüther. Dies wird zu einer Veränderung des bisherigen Verhältnisses zwischen Staat, Wirtschaft und Bürger führen. Die Staatsschuldenkrise biete aber wie jede Krise Möglichkeiten zum Lernen und für Innovationen.
Corporate Citizenship und bürgerschaftliches Engagement werden damit zukünftig eine noch größere Bedeutung haben. Hüther betonte aber, dass bürgerschaftliches Engagement keine juristische Verpflichtung sein könne, sondern stets Selbstverständnis des Bürgers. Bereits heute seien zwei Drittel der Unternehmen in Deutschland bürgerschaftlich engagagiert. Dieses Corporate Citizenship funktioniere aber nach Hüther nur, wenn es „nicht künstlich aufgesetzt ist, sondern mit einem businesscase einhergeht.“
Anschließend diskutierte Nikolaus Knauf, Vorsitzender des Gesellschafterausschusses des weltbekannten Bauzulieferers Knauf Gips KG, mit den Seminarteilnehmern darüber, inwieweit der Staat unternehmerisch tätig sein sollte. Knauf überraschte hierbei mit einer sehr ausgewogenen Position. „Der Schrei nach der Privatwirtschaft ist nicht immer berechtigt“, so Knauf. Privatunternehmen würden keinesfalls stets effizienter arbeiten als staatliche Unternehmen. Es gäbe zahlreiche Beispiele dafür, dass auch staatliche Unternehmen hocheffizient arbeiteten – Knauf nannte hierbei die im süddeutschen Raum bekannte Brauerei Rothaus als Beispiel. In bestimmten Wirtschaftsbereichen seien zudem staatliche Unternehmen notwendig, um Innovationen zu ermöglichen, beispielsweise in der Luft- und Raumfahrt. Laut Knauf ist eine genaue Abwägung notwendig bei der Frage, inwieweit der Staat unternehmerisch tätig sein sollte. „Keinesfalls sollte verbittert gekämpft werden um privatwirtschaftliche Vorzüge“, so Knauf.