Megaprojekt „Wirtschaftsgürtel entlang der Seidenstraße“
Neue Perspektiven der Zusammenarbeit und Erschließung neuer Märkte
Mit dem chinesischen Projekt der neuen Seidenstraße widmeten sich die Teilnehmer anschließend einem weiteren Integrationsprojekt im eurasischen Raum. Niko Warbanoff, Leiter Internationale Geschäftsbeziehungen bei der Deutschen Bahn AG und Präsidiumsmitglied des Ost-Ausschusses, unterstrich das Interesse der deutschen Wirtschaft an dem Projekt: „Wir halten die chinesische Initiative zur Weiterentwicklung der Transportkorridore für sehr interessant und sind daran interessiert, dass sich daraus konkrete Projekte entwickeln.“
Der russische China-Experte Igor Denisov verwies allerdings darauf, dass die „Neue Seidenstraße“ kein fest umrissenes Projekt, sondern eine Initiative sei, die „mehr Fragen als Antworten aufwirft.“ China übertrage seine Strategie regionaler Entwicklung gleichsam nach außen. Er sieht die Hauptmotive Chinas unter anderem im „Export“ von Überkapazitäten etwa im Bausektor. Zudem wende sich China Richtung Westen, da es in Ostasien vom US-amerikanischen Einfluss blockiert werde. China wolle mit diesem Projekt erstmals eine internationale Führungsrolle übernehmen, so Denisov: „China ist noch kein mächtiger Staat, der anderen Regeln aufzwingen kann. Die Seidenstraße-Initiative ist ein erster Schritt in diese Richtung.“ Ebenso vage wie das Projekt selbst, bleibt laut Denisov die russische Kooperation mit der Seidenstraße. Die im Mai 2015 eilig vereinbarte Zusammenarbeit der EAWU mit der Seidenstraßen-Initiative Chinas sei eine russisch-chinesische Vereinbarung, die über die Köpfe der anderen EAWU-Mitglieder hinweg geschlossen worden sei. Sie diene der Festlegung von Spielregeln der Zusammenarbeit wegen der russisch-chinesischen Interessen in Zentralasien. Russland werde aber kein Bestandteil der Seidenstraßen-Initiative werden.
Die Teilnehmer diskutierten in Anknüpfung an die Expertenvorträge intensiv über die neue Rolle Chinas in der Weltpolitik und die Kooperationsmöglichkeiten zwischen EAWU und der Seidenstraßen-Initiative. Laut Denisov bevorzuge China traditionell bilaterale Abkommen mit einzelnen Ländern statt multilateraler Vereinbarungen. Der ehemalige deutsche Botschafter in China und Vorstandsvorsitzende der BMW-Stiftung Michael Schäfer bezeichnete die chinesische Initiative als „offenes Projekt“, an dem alle Interessenten teilnehmen könnten, anders als bei den exklusiven Freihandelsabkommen der USA. Schäfer warb für die Kooperation Europas: „Wir sollten offen sein, dass Projekt mit China zu entwickeln.“ Als chinesische Motive sieht er eher die Rohstoffversorgung und die Stabilisierung des unmittelbaren Umfelds als den Export von Überkapazitäten. Aus Sicht der Wirtschaft äußerte Niko Warbanoff die Erwartung, über neue Transportroute mehr Wettbewerb zu bekommen und neue Märkte (Iran) zu erschließen. Anders als die Chinesen könnten deutsche Unternehmen dabei Know-how und Technologie nach Russland und in die EWAU bringen.