Gespräche 2018

Wiederaufbau der deutsch-russischen Beziehungen in der neuen Welt-Unordnung

Nach der Auflösung der Sowjetunion kursierte Anfang der 1990er Jahre die Auffassung vom „Ende der Geschichte“ nach Francis Fukuyama: Die liberalen Demokratien hätten ihren endgültigen Sieg errungen und weltweit würde es zu Freiheit und Stabilität kommen. Stattdessen leben wir heute in einer Welt-Unordnung (World Disorder), in der eine globale Krise die nächste ablöst. Zwischen 7. und 11. Oktober trafen sich 30 Führungskräfte aus Deutschland und Russland zu den 11. Deutsch-Russischen Gesprächen Baden-Baden (DRGBB), um gemeinsam zu diskutieren, wie in dieser in Unordnung geratenen Welt die deutsch-russischen Beziehungen revitalisiert werden können.

Die diesjährigen Gespräche wurden von Dr. Michael Schaefer, dem Vorsitzenden der BMW-Stiftung, zusammen mit Dr. Christiane Schuchart, Regional Direktorin für Russland beim Ostausschuss – Osteuropaverein der Deutschen Wirtschaft (OAOEV), sowie mit einer Rede des investigativen Journalisten Hubert Seipel im klassizistischen Kurhaus in Baden-Baden eröffnet.

In seiner Keynote wies Dr. Schaefer darauf hin, dass die weltpolitische Lage sich im Umbruch befinde. Der unipolare Moment der USA sei vorbei, aber eine multipolare Ordnung habe sich noch nicht vollständig entwickelt. Das Interesse Washingtons an Europa sinke, während in der EU der Anti-Amerikanismus wachse. Auch die bemerkenswerte Entwicklung Chinas fordere die Stabilität des aktuellen Global Governance Systems heraus. In Bezug auf Russland herrsche in der durch die Migrationskrise verunsicherten EU ein Zustand tiefen Misstrauens gegenüber dem östlichen Nachbar vor. „Darüber nachzudenken, wie man den gegenseitigen Vertrauensverlust überwinden“ könne, sei das erklärte Hauptthema der diesjährigen Gespräche. Auch Hubert Seipel stimmte zu, dass die Welt in den letzten Jahren unsicherer geworden ist. Die Aufgabe des Journalisten bestehe darin, das Land, über das man schreibe, zunächst zu verstehen. Gerade wegen der Nähe zu machthabenden Politikern sei dies nicht immer einfach. In jedem Land seien die Beziehungen zwischen Politikern und Journalisten „sehr heikel“, sagte Seipel.

Am nächsten Tag begrüßte auch Professor Dr. Klaus Mangold im idyllischen Waldgasthaus die Seminarteilnehmer. Um einen dauerhaft positiven Beitrag zur deutsch-russischen Verständigung zu leisten, sollten die Teilnehmer die Zeit in Baden-Baden intensiv nutzen, um sich kennenzulernen. „Lassen sie uns die Tage so verbringen, dass alle am Ende sagen, es war eine gute Investition“, wünschte sich Mangold.

Im prächtigen Palais Biron debattierten die Seminarteilnehmer unter anderem darüber, wie die Vertrauenskrise beider Länder überwunden werden kann und welche Lösungsmöglichkeiten im Umgang mit Social-Media-Gefahren bestehen. Auch die enormen Business-Chancen des Innovationszentrums Skolkovo sowie die russische High-Tech Startup-Szene wurden thematisiert. Zudem wurde im Rahmen eines Design Thinking Workshops das Social-Entrepreneurship-Konzept als langfristige Lösung sozialer Probleme vorgestellt.

Die spannenden Round-Table-Diskussionen wurden durch ein umfassendes Rahmenprogramm ergänzt. Beim „Networking in Nature“ am ersten Seminartag kam es darauf an, in Teams mit koordiniertem Einsatz Aufgaben zu lösen. Die spannende und unterhaltsame Teamarbeit schweißte die Seminarteilnehmer zu einer eingespielten Gruppe zusammen und stärkte das gegenseitige Vertrauen. Außerdem erhielten die Nachwuchsführungskräfte beim Besuch der SAP SE Firmenzentrale interessante Einblicke in die technologischen Trends der Zukunft.